Den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen ist ein bekanntes nebst verbreitetes Phänomen, für die nachhaltige Entwicklung dieses Sektors jedoch obstruktiv. Ani Melkonyan-Gottschalk über, wie der Blinde Fleck dank Weitblick zum Fokuspunkt wird.
„Die Zukunft kann man am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet.“
Alan Kay
Um diesem Zitat folgen zu können, benötigt es gerade während stürmischer Zeiten die Konzentration auf das Wesentliche. In der großen Vision wenngleich die kleinen Ziele klar auch zu visualisieren ist daher eines der Anliegen von Ani Melkonyan-Gottschalk, Geschäftsführerin am Zentrum für Logistik und Verkehr der Universität Duisburg-Essen. Dass die Strategie des European Green Deal diesen Sektor bereits nachhaltig bewegt außerdem dies noch intensiver tun wird als heute, steht laut der Expertin fest. Ebenso, dass eine Lücke zwischen Mikro- und Makroperspektive klafft: Große Strategien sind vorhanden, „KPIs“ plus Wegweiser für Unternehmen meist Mangelware. Wir zeigen auf, welche Themen zwecks Zielerreichung in den Köpfen der Logistikwelt viel stärker verankert sein sollten.
Kreislauf des Lebens
Nachhaltigkeit ist im Umfang wie gemäß Effekten enorm weitreichend. Aus logistischer Sicht dürfen alle Aspekte nicht nur bei bestimmten Prozessen Eingang finden, sondern müssen in der kompletten Wertschöpfungskette konsistent gelebt werden. Ein Kernelement dessen ist Circular Economy, eher früher als später ein Muss. Zirkuläre Ansätze, die sowohl Vorwärts- als auch Rückwärtsketten in ganzheitlichen Flüssen abbilden, werden bei ihrer Entwicklung enorme Sprünge machen. Die momentanen, eher kleinteiligen, nicht unternehmensübergreifenden Plattformlösungen werden den Ansprüchen zukünftiger Kreislaufwirtschaft kaum mehr gerecht sein können.
Zwilling wird Mehrling
Digitale Zwillinge sind im Sektor zwar bereits in aller Munde, die Simulationsmodelle finden meist jedoch nur Anwendung angesichts definierter Prozesse eines bestimmten Unternehmens. Um digitale Infrastruktur zwecks Schaffung schonender Lieferketten resilient zu gestalten, sollte der Zwilling umfassender betrachtet werden: modularer Aufbau, unternehmens- wie sektorenübergreifend, Logistikprozesse inbound, outbound ferner auch zirkular zusammengeführt bezüglich eines umspannenden Netzwerks. Ein potenzielles Sprungbrett Richtung einer Re-Regionalisierung kombiniert mit internationalen Ansätzen einer Supply Chain.
Vision For Future
Was es braucht, sind disruptive Veränderungen der Lieferketten durch Kompetenznetzwerke nebst ganzheitlicher Kooperation. Die enge Zusammenarbeit aller Branchen ist nicht nur Enabler wirtschaftlichen Erfolges, sondern zudem ein Gewinn für die Gesellschaft. Durch Flächennutzungsoptimierung, beispielsweise von Gebäuden als Restaurant, Fitnessstudio plus Microdistributionhub, würden mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Erhöhung der Attraktivität zugunsten des Lebensraums, Point Of Sale lokaler Produkte, reduzierte Transportrouten bei höherer Versorgungssicherheit.
Die Expertin hat unbedingt eine klare Vision für die Zukunft: Weg von reiner Profitmaximierung, hin zu einer Kultur der Kollaboration, die als gemeinsames Ziel über alle Sektoren nebst Unternehmen hinweg möglichst umweltschonend die Versorgung der Gesellschaft sicherstellt. „Ich spreche hier nicht von klassischem Greenwashing, sondern einem Mindsetshift aus Überzeugung, Menschenliebe und Orientierung an nachhaltiger Versorgung der Gesellschaft“, so Ani Melkonyan-Gottschalk abschließend.