Die Grüne Nisch-E – Treibstoff für die Zukunft

Mit synthetischen E-Fuels als Drop-In-Technologie bestehende Verbrennungsmotoren nachhaltig zu betanken mag verlockend klingen. Doch möglich ist dies nicht immer und überall. Expertin Marion Andritz über das Wann, Wo und Warum.

Rund ein Drittel der für die Erderwärmung verantwortlichen Treibhausgase entstammen der Mobilität. Sich hier Lösungen zu überlegen, wie man diese langfristig vermeiden kann, ist daher mitentscheidend für das Erreichen der Klimaziele. E-Fuels scheinen hierfür eine attraktive Möglichkeit zu sein. Die Prämisse, die Kraftstoffe aus 100 % erneuerbarer Energie zu produzieren, bringt jedoch Herausforderungen mit sich. Denn die nachhaltige Energie würde in der derzeitigen Situation schlichtweg nicht ausreichen, um E-Fuels in großen Mengen herstellen zu können. Marion Andritz vom Lehrstuhl Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes an der Montanuniversität Leoben berichtet über den Stand der Forschung, limitierende Faktoren und warum österreichische Expertise sowie Technologieexport dennoch essenziell sind.

Energy Is Key
Auch wenn E-Fuels grundsätzlich CO2-neutral sind, ist die Produktion ein äußerst energieintensiver Prozess. Die synthetischen Kraftstoffe werden mittels elektrischer Energie aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt. Sie sollten demnach an Standorten produziert werden, wo erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind sowie Wasser im Übermaß verfügbar sind. Der Standort-Fokus liegt daher auf küstennahe Regionen, Produktionsstätten in Europa werden derzeit nur sehr eingeschränkt in Frage kommen. Bedingt durch die Energieverluste bei der Umwandlung von elektrischem Strom in synthetischen Kraftstoff limitiert zudem der geringe Wirkungsgrad von nur rund 45 % den Einsatz von E-Fuels.

Keine allgemeingültige Lösung
Das Zukunftspotenzial von E-Fuels ist bedingt durch die limitierenden Faktoren schwer einzuschätzen. Die Infrastruktur für die Herstellung in Österreich sowie europaweit ist derzeit nicht gegeben, außerdem stünde die E-Fuels-Produktion in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Verwendungszwecken für erneuerbare Energien in der Industrie und im Haushalt. Manche Sektoren sind jedoch aufgrund der benötigten Reichweite oder ihres Einsatzbereichs fernab der benötigten Infrastruktur nur schwer elektrifizierbar folglich derzeit noch auf flüssige Treibstoffe angewiesen. Darunter fallen beispielsweise die Schifffahrt, die Luftfahrt oder bestimmte Schwerlastfahrzeuge. Der Fokus der E-Fuels liegt daher auf diesen Nischensegmenten, den sogenannten Hard-To-Abate Sektoren.

Marion Andritz
Marion Andritz

Labor zu Realität
Derzeit erfahren E-Fuels eine erste Hochskalierung aus dem Labor. Im Einsatz sind bisher Produktionsanlagen, die nicht über den Demonstrationsmaßstab hinausgehen – sie befinden sich an der Schwelle von Forschung & Entwicklung zu Industrialisierung. Auch in Österreich und Europa sind Anlagen im Aufbau, um den Herstellprozess weiter zu untersuchen. „E-Fuels können in jeden Fall einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Auch wenn sie zukünftig wahrscheinlich nicht in großen Mengen in Europa produziert werden: Das heimische Know-How aus der Zusammenarbeit von Industrie und Wirtschaft für den Technologieexport zu nutzen, ist dennoch sinnvoll und wichtig für die weitere Entwicklung“, ist Marion Andritz überzeugt. Die zukünftige Verfügbarkeit von E-Fuels ist derzeit dennoch mit Unsicherheiten behaftet. Es benötigt jedenfalls die Entwicklung eines technischen Reifegrades, um Wirtschaftlichkeit, Effizienz sowie Kapazitäten zu erhöhen.

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